Es scheint, dass die ALTER BRIDGE-Jungs sich nie eine Pause gönnen. Myles Kennedy veröffentlichte sein zweites Soloalbum „The Ides of March“ und tourte damit auch erfolgreich durch Deutschland. Währenddessen veröffentlichte Mark Tremonti 2021 bereits sein fünftes Soloalbum – als TREMONTI -. Und als ob das noch nicht genug wäre, nahmen ALTER BRIDGE eine brandneue Platte, mit den Namen „Pawns & Kings“, auf, die am 14. Oktober über Napalm Records veröffentlicht wurde.
Nun sind ALTER BRIDGE auf großer Europatour, um ihr neustes Meisterwerk „Pawns & Kings“ auf der gleichnamigen Tour zu promoten. Als besonderer Leckerbissen sind niemand anderes als HALESTORM als Gast auf der Tour dabei und heizen die ALTER BRIDGE-Fans schon mal ordentlich ein. HALESTORM waren bereits vor einigen Jahren zusammen mit ALTER BRIDGE zusammen auf Tour. Die Kombination kam sehr gut bei den Fans an, umso größer war wohl auch die Freude, dass sie auch 2022 endlich wieder mit dabei waren.
Bei so viel guter Musik war es logisch, dass der Abend im fast ausverkauften Palladium in Köln früh beginnen sollte. Bereits gegen halb acht betraten HALESTORM bei tobendem Applaus die Bühne. Seit deren letzter Headlinetour waren nun einige Jahre vergangen. Nun hatten Fans die Möglichkeit gleich zwei großartige Bands an einen Abend zu sehen und das wurde ausgenutzt. Einige Restkarten gab es an der Abendkasse, die aber sicherlich bis zu Konzertbeginn alle weg waren.
HALESTORM wurden vom Publikum begrüßt, als wären sie der eigentliche Headliner des Abends. Sicherlich waren auch einige Fans nur wegen HALESTORM gekommen. Die Band um Frontfrau Lzzy Hale durfte gut 60 Minuten spielen, was schon gut das Doppelte dessen ist, was eine Supportband eigentlich spielen darf. Ihr neuestes Album „Back from the Dead“ wurde im Mai dieses Jahres veröffentlicht und von diesem Album wurden auch drei Songs gespielt. Insgesamt durften HALESTORM 10 Lieder spielen. Das beliebte Schlagzeugsolo von AreJay Hale durfte natürlich auch nicht fehlen. Auch wenn 60 Minuten schon recht lang sind, so empfand man es als zu kurz, denn HALESTORM sind live einfach unglaublich gut. Da hätte man gerne noch den einen oder anderen Song mehr gehabt. Aber man darf eben nicht vergessen, dass ALTER BRIDGE in den Startlöchern standen und so musste die Bühne leider geräumt werden.
Es folgte eine kurze Umbauphase und die Bühne sah irgendwie wie leergefegt aus und man konnte so richtig sehen, wie groß die Bühne des Palladiums eigentlich ist. Gegen 20:50 durften dann endlich ALTER BRIDGE auf die Bühne und auch wenn die Stimmung bei HALESTORM bereits unglaublich gut war, so gab es bei ALTER BRIDGE dennoch eine kleine Steigerung. Beginnen sollte die Show mit „Silver Tongue“, was auf dem neuen Album „Pawns & Kings“ zu finden ist. Neue Songs brauchen immer eine gewisse Zeit, bis die zu Lieblingen der Fans werden. So folgte danach „Addicted to Pain“, der die Halle dann zum Beben brachte. So kraftvoll die Lieder auch sind, so weniger war es die Darbietung auf der Bühne. Die Musiker sahen auf der großen Bühne verloren aus. Das Schlagzeug war unvorteilhaft zu weit hinten aufgebaut und wenn Sänger ein Instrument spielen, leidet die Live-Perfomance enorm. Mark Tremonti und Scott Phillips waren da etwas ungebundener und haben die Weite der Bühne auch ausgenutzt, auch wenn Mark immer das Mikrofon für seine Gesangsparts im Auge behalten musste. Den beiden beim Spielen zuzusehen bereitete große Freude. Da sah man, dass sie Spaß auf der Bühne hatten und lieben, was sie tun. Sänger Myles Kennedy hingegen wirkte zumindest zu Beginn etwas gelangweilt. Im Vergleich zur Tour 2019 war aber hier eine enorme Steigerung an Energie festzustellen. Vielleicht tat Myles auch die Solotour im Sommer gut, wo er etwas mehr aus sich hinauszugehen gelernt hat. Die Solotour war nämlich spitze! Im Vergleich zu anderen besuchten ALTER BRIDGE-Shows in der Vergangenheit, war hier aber wieder eine Steigerung festzustellen.
2019 das Konzert war musikalisch zwar 1a, aber die Darbietung auf der Bühne leider langweilig. Dennoch spielen ALTER BRIDGE weiterhin ihr Programm ab. Interaktion mit dem Publikum war zwar hin und wieder da, aber besonders wenn man HALESTORM kurz vorher erlebt hat, war das eher unzufriedenstellend. Im Vergleich zu 2019 wurde gefühlt noch weniger mit den Fans kommuniziert. ALTER BRIDGE sind alles hochbegabte Musiker, die so perfekt live klingen, dass vielleicht deshalb die Show an sich nicht das ist, was man erwarten würde. Jeder Ton sitzt wie eine 1. Niemand verspielt sich und das komplette Konzert klingt exakt wie auf CD. Und hier ist der Knackpunkt. Man besucht ein Konzert, weil man sich das gewisse Etwas verspricht, den Unterschied zur CD. Natürlich soll kein Sänger live schief singen, nur damit man einen Unterschied zu der CD hat. Myles ist einer der begabtesten und besten Sänger des Genres und es ist ein Genuss ihn singen zu hören. Nur gehört zu einer guten Liveshow mehr als nur guter Gesang. Keine Frage, ALTER BRIDGE liefern immer eine perfekte Show ab. Das haben sie besonders bei den Live-DVDs mehrfach unter Beweis gestellt. Dazu haben sie auf dieser Tour eine wunderschöne Lichtshow und dazu passend LED-Wände, die von der leeren Bühne ablenken und die Musiker ins perfekte Licht rücken. Es macht Spaß sich die Show anzusehen. Zu wenig Interaktion mit dem Publikum zeigt aber, dass ALTER BRIDGE noch weit entfernt von dem sind, wo die wohl hinmöchten: in die großen Arenen. Das ist live einfach zu wenig. Perfekte Livemusik füllt nicht die Hallen. Die Leute möchten sich angesprochen fühlen, ein Teil der Show sein. ALTER BRIDGE spielen eher ihr Programm runter, das allerdings so perfekt, dass es kaum eine andere Band toppen kann. Die Frage, die jeder für sich beantworten muss ist eben: Will man das? Oder lieber kleine Fehler, eine Band, die mit einem interagiert und einem das Gefühl gibt Teil der Show zu sein?
ALTER BRIDGE haben 16 Lieder gespielt bei ungefähr 90 Minuten Spielzeit. Das ist auch Standard, allerdings ist man im Metalgenre oft längere Spielzeiten gewohnt. Dennoch nichts, was man kritisieren sollte. Zumal Perfektionismus auch ein hohes Maß an Konzentration benötigt. Die meisten Lieder kamen buntgemischt von allen Alben. Hits wie „Cry of Achilles“, „Addicted To Pain“, „Blackbird“ und „Metalingus” durften natürlich nicht fehlen und auch auf den bekannten und von den Fans geliebten Akustik-Teil brauchten die ALTER BRIDGE-Liebhaber nicht zu verzichten.
Abschließend kann man sagen, dass das trotzdem ein wirklich gelungener Abend war. Zwei wirklich tolle Bands, die die Herzen des Publikums erobert haben. Der Sound war bei allen Bands perfekt und die Lichtshow hat jedem Auftritt das gewisse Etwas verliehen. Es war eine Freude an diesen Abend im Palladium zu sein. Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Alle Bands haben hervorragende Shows gespielt. Welche man nun am besten fand, muss jeder für sich entscheiden. Ein Problem, wenn man es als solches bezeichnen kann, ist bei ALTER BRIDGE wohl auch, dass die 2019 und jetzt mit zwei extrem starken Vorbands unterwegs waren, die Live einfach eine großartige Show abliefern, die den Zuschauer mehr anspricht, weil mehr Interaktion stattfindet. Ihre Show würde wohl besser bewertet werden, wenn der Vergleich zum Opener nicht so groß wäre. Wer sowohl von Myles als auch von Mark mehr Energie sehen und erleben möchte, muss zu deren Soloshows gehen. Denn da bekommt man das, was bei ALTER BRIDGE fehlt: Interaktion und das Gefühl mittendrin, statt nur dabei zu sein.
Alle Bilder gibt es natürlich auf Flickr.
Text und Fotos von Yvonne Otte.
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