English below (soon)
HEILUNG, eine faszinierende Band, die ihre Musik als “Amplified History” beschreibt, verwandelte die Bühne an diesem Abend in eine mystische Welt, tief verwurzelt in der Vergangenheit. Das dänisch-norwegisch-deutsche Trio hat sich mit seinen einzigartigen Klängen und Auftritten einen unverwechselbaren Platz in der Musikwelt erarbeitet. Ihr Konzert wirkte weniger wie eine traditionelle musikalische Darbietung, sondern mehr wie ein archaisches Ritual, das die Grenze zwischen Musik und spiritueller Zeremonie verschwinden ließ.
Schon beim Betreten des Saals war die besondere Atmosphäre spürbar. Der Raum war von einer fast heiligen Stille erfüllt, die nur durch das leise Murmeln des erwartungsvollen Publikums durchbrochen wurde. Der Bühnenaufbau war minimalistisch, aber wirkungsvoll: Naturmaterialien wie Felle, Knochen und Holz dienten als Requisiten, während düstere Lichter und dichter Nebel die Szenerie in eine mythische Welt eintauchen ließen.
Als die ersten Töne erklangen, war es nicht nur die Musik, die sofort fesselte, sondern auch die starke visuelle Präsenz der Bandmitglieder. Heilung trat in rituellen Gewändern auf, ihre Gesichter mit symbolischer Bemalung versehen und geschmückt mit Accessoires, die aus einer längst vergangenen Ära zu stammen schienen. Diese ästhetische und klangliche Rückbesinnung auf die germanische und nordische Vorzeit prägte den gesamten Abend.
Das Konzert begann nicht wie ein typisches Rock- oder Popkonzert, sondern glich eher einem zeremoniellen Akt. Die Musiker formierten sich in einem Kreis und begannen mit einem rhythmischen Trommeln, das allmählich an Intensität gewann. Ein tiefer Sprechgesang, der schamanischen Beschwörungen ähnelte, erfüllte den Raum. Kai Uwe Faust, einer der Sänger, intonierte archaische Gesänge in altnordischen und altgermanischen Sprachen, während Maria Franz mit ihrer klaren, fast entrückten Stimme einen faszinierenden Kontrast bildete.
Das Zusammenspiel von Trommeln, Flüstern, Schreien und Chorgesängen erzeugte eine überwältigende Spannung. Es schien, als wolle die Band das Publikum in einen tranceartigen Zustand versetzen – und das gelang eindrucksvoll. HEILUNG orientierte sich dabei nicht an konventionellen musikalischen Strukturen, sondern kreierte dichte Klanglandschaften, die sowohl chaotisch als auch hypnotisch wirkten. Besonders beeindruckend war der fließende Übergang zwischen ruhigen, meditativen Passagen und ekstatischen Ausbrüchen, bei denen die Energie förmlich greifbar im Raum lag.
Ein Höhepunkt des Abends war die Verwendung von historischen und seltenen Instrumenten. Neben traditionellen Trommeln und Hörnern kamen auch Knochenrasseln und weitere Naturmaterialien zum Einsatz. Diese Instrumente erzeugten einen unverwechselbaren Klang, der roh und archaisch, aber zugleich tief atmosphärisch wirkte. Die Musik von HEILUNG verzichtete weitgehend auf klassische Melodien und konzentrierte sich auf rhythmische Strukturen und Klangtexturen, die eine fast spirituelle Wirkung entfalteten.
Auffallend war auch die aktive Einbeziehung des Publikums in das Geschehen. HEILUNG forderte das Publikum in mehreren Momenten auf, rhythmisch zu klatschen oder gemeinsam bestimmte Gesänge zu wiederholen. Diese Interaktionen verstärkten das Gefühl von Gemeinschaft und ließen die Grenze zwischen Künstlern und Zuschauern verschwimmen. Es entstand der Eindruck, Teil eines kollektiven, transzendenten Erlebnisses zu sein, das über ein gewöhnliches Konzert weit hinausging.
Die Bandmitglieder bewegten sich oft in synchronisierten, tranceartigen Tänzen über die Bühne, begleitet von rituellen Gesten. Besonders Maria Franz, deren schamanenhafte Bühnenpräsenz die Blicke magisch anzog, beeindruckte das Publikum. Ihre Stimme, die zwischen sanften Gesängen und kraftvollen Ausrufen wechselte, verlieh der Darbietung eine intensive emotionale Tiefe.
Die Texte von HEILUNG basieren auf alten Runen, nordischen Mythen und historischen Schriften. In ihren Performances wird die tiefe Verbindung zu einer Zeit deutlich, in der der Mensch noch eng mit der Natur und den Kräften des Universums verbunden war. Die Lieder erzählen von Schlachten, Geistern, Göttern und der Natur, stets durchdrungen von einem tiefen Respekt vor der Vergangenheit. HEILUNG versucht, diese alten Traditionen und Rituale in die Gegenwart zu transportieren und auf eine neue Weise zu beleben.
Ein herausragendes Stück des Abends war „Krigsgaldr”, eines der bekanntesten Werke der Band. Der Song beginnt mit sanftem Trommeln, das sich langsam steigert, während Maria Franz’ Stimme den Raum durchdringt. Der Titel bedeutet übersetzt „Kriegsgesang“ und beschreibt eine rituelle Beschwörung vor einer Schlacht. Die Intensität des Songs steigerte sich bis zu einem nahezu ekstatischen Höhepunkt, bei dem die Energie zwischen Band und Publikum fast greifbar war.
Die Lichtshow war subtil, aber wirkungsvoll. Blaue, grüne und rote Lichter tauchten die Bühne in eine mystische Atmosphäre, die die archaische Stimmung perfekt unterstrich. Nebelschwaden und das gezielte Spiel mit Licht und Schatten verstärkten das geheimnisvolle, spirituelle Ambiente des Konzerts.
Auch die Akustik des Saals trug maßgeblich zum Gesamterlebnis bei. Jeder Trommelschlag und jeder Klang der urtümlichen Instrumente war klar und eindringlich zu hören, während die Stimmen das Publikum in eine immersive Klangwelt hüllten. Die perfekte Balance aus Klang und visuellen Effekten führte zu einer beinahe meditativen Erfahrung, die die Sinne fesselte.
Das Konzert endete, wie es begonnen hatte: in einem rituellen Kreis und mit sanften, ausklingenden Klängen. Es wirkte, als würden die Geister, die während der Performance heraufbeschworen wurden, nun wieder in die jenseitige Welt entlassen. Noch einige Momente nach dem letzten Ton herrschte andächtige Stille, bevor das Publikum in begeisterten Applaus ausbrach. Viele Zuschauer verließen den Saal tief bewegt und beeindruckt von dem intensiven Erlebnis.
Ein HEILUNG-Konzert ist weit mehr als nur eine musikalische Darbietung. Es ist eine spirituelle Reise in eine vergangene Zeit, die das Publikum auf emotionaler und physischer Ebene mitnimmt. Die Kombination aus Musik, visueller Inszenierung und ritueller Atmosphäre formt ein Gesamtkunstwerk, das lange nachwirkt. Wer HEILUNG live erlebt, wird nicht nur von Klängen, sondern auch von Emotionen, Bildern und einer tief verwurzelten, archaischen Energie berührt, die noch lange nach dem Konzert spürbar bleibt.
HEILUNG beherrschen die Kunst, Vergangenheit und Gegenwart auf meisterhafte Weise zu verschmelzen, und öffnen ein Tor zu einer Welt, die sowohl fremd als auch vertraut wirkt. Ein Erlebnis, das noch lange nachklingt.
Die nächste Möglichkeit in NRW HEILUNG live zu sehen, gibt es bereits am 19.03.2025 in der Turbinen Halle in Oberhausen. Der Vorverkauf läuft bereits und da die Konzerte von HEILUNG erfahrungsgemäß immer gut besucht oder ausverkauft sind, sollte man nicht zu lange mit dem Ticketkauf warten.
Alle Bilder gibt es natürlich auf Flickr.
Text und Fotos von Yvonne Otte.
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